Irgendetwas habe ich falsch gemacht. Vielleicht war ich zu „frech“. Meine Mutter wollte mich schlagen, ich enthuschte ihr. Ich lachte und machte ein schelmisches Spiel daraus, entwich ihr immer wieder, indem ich flink durch die Tischbeine kroch. Sie rief meinen Vater. Ich konnte nicht mehr entrinnen. Beide hielten mich abwechselnd fest und schlugen mich.
Nicht mit mir. Ich bleibe stark. Ihr könnt mich nicht brechen.
Es gibt Situationen, in denen deine Ohnmacht nicht gefühlt werden kann. Weil du nicht verstehst. Weil du das, was gerade geschieht in deinem Herzen und in deinem Geist nicht aufnehmen kannst. Weil du spürst, dass es nicht richtig ist. Und dennoch geschieht es. Weil Menschen, denen du vertraust und die dich schützen sollten, etwas anderes mit dir machen.
Das Unrecht, was dir widerfahren, kannst du mit deinem Bedürfnis nach Liebe, Annahme und Sicherheit nicht in Einklang bringen. Deine Psyche kann das Geschehene nicht verarbeiten. Plötzlich bist du handlungsunfähig, ausgeliefert. Ein Kampf scheint mit der Übermacht des Gegenübers unmöglich, eine Flucht ist ausweglos. Damit es nicht weh tut, nicht schmerzt hast du wenig Möglichkeiten: du kannst dich unterwerfen, dir selbst die Schuld geben oder du ermächtigst dich. Es ist niemals eine bewusste Entscheidung, denn du bist in einem Ausnahmezustand.
Mir wird niemals jemand wieder weh tun.
Die Enttäuschung, der Schmerz bleiben in deinem Körper, in deinem Herzen. Aber du darfst es nicht fühlen, denn dann müßtest du gehen. Du kannst nicht gehen, weil du abhängig bist. Und deine Verletzlichkeit hat hier keinen Platz mehr.
Also wirst du stark und deine Verletzlichkeit beschützt nun du, indem du sie einsperrst, wegschickst, indem du ihre Existenz leugnest.
Dein verletztes Inneres, welches den Schmerz nicht spüren möchte, welches der Ohnmacht nicht ausgeliefert sein will, welches keinen Trost bekommt, wird von nun an nicht mehr verletzlich sein.
Du hast keine andere Wahl. Es dient deinem Überleben.
Von nun an schützt du dich selbst.
Du wirst zu einem Menschen, dem niemand weh tun kann, der sich abgrenzt, der aufbegehrt, der über alles die Beherrschung gewinnt. Du machst alles alleine. bittest nicht um Hilfe.
Denn nur du, nur du bist diejenige, der du vertrauen kannst.
Du regelst alles in dir, wirst aufmerksam, du erkennst es sofort, wenn ein gegenüber dich „brechen“ möchte. Macht über dich ausüben will.
Du wirst keine Verletzung mehr spüren, weil du dich ermächtigt hast und nun versuchst du alles in dir und im außen zu kontrollieren.
Doch alles was du ablehnst, wird dich für immer verfolgen.
Jede Kränkung und jede Enttäuschung wird den Schmerz in deinem Körper aktivieren.
Doch du möchtest es nicht fühlen.
Der Schmerz macht dich empfindlich oder kämpferisch.
Dein Wut wird zerstörerisch. Du richtest deinen Schmerz nach außen. Die Energie entfaltet sich.
Deine Traurigkeit wird verzweifelt. Du richtest deinen Schmerz nach innen. Die Energie verstummt.
Dein verletztes inneres Kind, welches du verschüttet hast, schreit und brüllt und möchte gehört, gesehen, getröstet und geliebt werden. Doch du lehnst es ab.
Und solange du es abwehrst, dass es existiert, wirst du leiden.
Zu verstehen, das all das Beschriebene in deinem Unterbewusstsein stattfindet und die Natur psychische Mechanismen entwickelt hat, damit du es schaffst zu überleben, kann hilfreich sein, um nicht in die Falle zu tappen, dass du falsch wärst, oder all das, was du fühlst falsch wäre.
Du hattest eine normale und sehr gesunde Reaktion auf ein Ereignis, welches dich handlungsunfähig gemacht hat.
Doch alles an Gefühlen, was du einst unterdrückt hast, vielleicht von dir abgespalten und was du nicht fühlen wolltest und konntest wird sich mit all seiner Kraft durch den Staudamm seinen Weg bahnen. Diesen Staudamm zu bauen, hatte einen wunderbaren Sinn. Doch der Druck wird im Laufe der Jahre immer höher und es erfordert viel Energie die Risse und Löcher zu stopfen, damit er nicht vollständig zu drohen bricht.
Hinter diesem Druck steckt das Leid. Und in jeder Situation im Hier und Jetzt, in der du eine Enttäuschung, eine Kränkung oder Verletzung spürst, erinnerst sich dein Körper. Dein Geist interpretiert blitzartig. Der Schmerz ist da. Ein Schmerz, der durch einen Konflikt mit dir selbst entsteht, weil du deine Verletzlichkeit von damals nicht anerkennen magst.
Durch den Konflikt mit dir selbst und deinen Gefühlen wirst du zum Baumeister deines eigenen Schadens.
Ich bin nicht verletzlich. Ich darf es nicht sein. Und doch tut es so endlich weh.
Der Schmerz entsteht dadurch, wie du auf den Auslöser, die jeweilige Situation reagierst, verstehe, dass es nicht die Ursache ist.
Der Kampf, den du im Außen führst, ist ein Kampf gegen dein inneres verletztes Kind. Welches du einst verloren hast, weil es keine Möglichkeit gab, es zu sehen und zu trösten und ihm den Schutz und die Wärme zu geben, die es gebraucht hätte.
Wenn du es annimmst, wird es dich nicht mehr verfolgen.
Sei ehrlich mit dir selbst, auch wenn es schmerzlich ist.
Gehe nur soweit, wie du es in dir halten kannst und schaffe dir ein Umfeld, welches dich dabei stützen kann. Wenn die Angst zu groß erscheint, dann höre auf sie. Du bestimmst selbst über deinen Prozess und deinen Weg.
Wenn du dich selbst annehmen und akzeptieren kannst und erkennst, was alles zu dir gehört, wirst du dich mit deiner Gefühlswelt neu verbinden können und hast die Möglichkeit dich selbst in ein Gleichgewicht zu bringen.
An der Vergangenheit kannst du nichts ändern. Du warst einst hilflos und nun ist es Teil von dir.
An der jetzigen Situation kannst du nichts ändern. Du bist aber nicht mehr hilflos. Erkenne an, dass du deinen Umgang damit verändern kannst.
Nimm an, was dir widerfahren ist.
Nimm an, dass du verletzlich bist.
Ich war hilflos und meine kindliche Zerbrechlichkeit wurde im Außen nicht beschützt. Mehr noch, meine Eltern haben mir eine Verletzung in meinem Herzen zugefügt. Ich liebte sie und vertraute ihnen. Durch ihr Handeln haben sie ihre Wut an mich gerichtet und eine Macht über mich ausgeübt, die meine Selbstwirksamkeit erschütterte. Das war nicht richtig.
Du Kleines in mir, das war nicht richtig. Ich höre dich, nehme dich in meinem Arm, beschütze dich.
22.Mai.2025
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