Was ich ablehne - wird mich verfolgen
In meiner Erinnerung:
Ein Bild. Ein Gefühl.
Wie ich zuerst lachte,
weil ich nicht verstand.
Ein schelmisches Spiel.
Meine Mutter jagt mich.
Ich krieche unter den Tisch,
kichere,
weich ihr aus –
schnell, wendig.
Ich spüre,
wie ihre Hilflosigkeit wächst.
Dann sind sie zu zweit.
Ich kann nicht mehr entkommen.
Die Wut. Die Wucht. Die Kraft.
Beide brechen in meinen Körper ein.
Ich erinnere keinen Schmerz.
Nur einen Satz:
Nicht mit mir. Ich lasse mich nicht brechen.
Ein Gedanke, der kein Gedanke war.
Vielleicht ein Schwur.
Etwas in mir
wird still. Und stark.
Wie ich das fühlte –
weiß ich nicht.
In diesem Moment habe ich mich zerteilt:
in ein Innen,
das verschwand.
Und ein Außen,
das überlebte.
Ich darf nicht schwach sein.
Nicht weich.
Nicht verletzlich.
Also sperrte ich diesen Teil weg.
Und sagte mir:
Ich schaffe das.
Ich brauche niemanden.
Ich wurde gut darin.
Alles selbst zu regeln.
Früh zu erkennen,
wann es gefährlich wird.
Stark zu bleiben.
Mich nicht zu zeigen.
Nicht zu bitten.
Nicht zu hoffen.
Aber manchmal kommt es wieder.
Eine Enttäuschung.
Eine Kränkung.
Ein Blick. Ein Satz. Eine Berührung.
Und plötzlich ist alles da.
Wut.
Ohnmacht.
Tränen, die keinen Ort haben.
Ein alter Satz –
nicht gesprochen.
Aber mein Körper erzählt ihn.
Ich habe so lange gesucht.
Antworten. Erklärungen.
Warum fühle ich so?
Warum bin ich,
wie ich nicht sein will?
Ich habe abgelehnt,
was in mir ist.
Mit einem tiefen Stich.
Habe es weghaben wollen.
Ratlos. Schweigend. Laut. Verzweifelt.
Mit Erinnerungen gesucht.
Mit Wissen.
Verstanden –
doch mein Körper antwortete nicht.
Im ganz unten.
Im Loslassen.
In einer Verzweiflung,
die ich nicht mehr verstecken konnte –
als das Alleinsein nicht mehr trug –
da fand ich etwas:
Mut.
Eine innere Stimme:
Alles oder nichts.
Ich wollte nicht mehr – so.
Ich wusste nicht wie.
Aber da war ein Kompass:
Daran zu glauben,
was noch nicht ist –
damit es werden kann.
Und in diesem Satz
verbarg sich etwas Neues:
Gefühltes Vertrauen.
Auch in der Not.
Nicht eindeutig.
Kämpfend.
Findend.
Verirrend.
Wiederfindend.
Und heute trage ich
ein verkörpertes Wissen in mir:
Ich wollte nur
gehört werden.
Gesehen. Gehalten.
Heute spüre ich:
Ich war nicht falsch.
Ich war klein.
Und es war zu viel.
Ein inneres Ja:
Ich bin verletzlich. Traurig. Wütend.
Vielleicht alles zugleich –
aber alles bin ich.
Ich bin ganz.
Heute suche ich
nach dem, was bleibt –
nicht mehr nach dem,
was ging.
Manchmal spüre ich,
wie ich von innen atme.
Immer öfter.
Manchmal nicht.
Nicht immer gleich.
Aber immer deutlicher.
Bindungstrauma
Von Überlebensstrategien, inneren Überzeugungen – und dem Weg zurück zum Selbst
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