Mein innerer Kompass

Ich weiß noch, wie es war.

Wie ich reagierte, bevor ich überhaupt fühlte.

Wie mein Körper sich verhärtete.

und mein Herz versuchte, leise zu bleiben.

Wie ich lieber verstand als spürte.

Und lieber erklärte als zeigte.


 

Ich erinnere mich an Momente,

in denen mein Inneres kämpfte,

aber meine Worte sanft blieben.

In denen ich blieb –

aber mich nicht mehr selbst fühlte.

Oder ging –

weil es zu viel war,

zu nah,

zu tief.

Ich trug eine innere Zerrissenheit, wie einen stillen Mantel.

Unauffällig.

Aber schwer.

Nach außen stark, haltend, reflektiert.

Und klug.


 

Und dann kamen die Begegnungen,

die nicht mehr an mir vorbeigingen.

Die etwas in mir berührten,

das ich nicht mehr übergehen konnte.

Da war Weichheit.

Da war Verletzlichkeit.

Da war Schmerz.

Da war etwas Echtes.

Da war alles.


 

Ich begann zu spüren,

was ich lange nicht kannte:

Meine Grenzen.

Meine Bedürfnisse.

Und das, was sich so sehr nach Verbundenheit und Nähe sehnte.


 

Und ich nehme es an:

Das Alte wird bleiben – 

auf eine neue Weise.


 

 Als Erinnerung in meinem Gewebe.

Als feine Spur,

die mich erinnert:

Ich weiß, wie es sich anfühlt - wenn niemand bleibt.

Ich weiß, wie es sich anfühlt, abgelehnt zu werden.


 

Und genau deshalb werde ich wach bleiben.

Wach für das, was wirklich da ist.

Wach für den Moment, in dem ich wählen kann:

Schließe ich mich – oder bleibe ich offen?


 

Die alten Muster – sie werden nicht einfach verschwinden.

Aber Ich habe ihnen etwas entgegengesetzt:

Bewusstsein. Mitgefühl. Verantwortung.

Und das verändert alles.


 

Es bleibt eine Spur von Angst,

manchmal auch Zweifel.

Aber ich weiß:

Sie wird nicht mehr führen.


 

Ich werde nicht unfehlbar sein -

Aber ich glaube, ich werde anders antworten.

Nicht mehr reflexhaft zurückstoßen, wenn es mich einengt.

Innehalten. Lauschen.

Und manchmal werde ich stolpern, 

vielleicht mich verlaufen.


 

Doch mein System hat erfahren, 

dass Weggehen sich anders anfühlt als Bleiben.

Dass Ablehnung verletzt – mich selbst und die anderen.

Und ich habe begonnen: hinzusehen. Hinzufühlen. 

Ohne Urteil. Ohne Bewertung.


 

Und ich kann sagen:

Ich kann jetzt bleiben.

Fühlen, ohne zu fliehen.

Halten, was früher zu viel war.


 

Heute fühle ich anders.

Ich erkenne die leisen Spannungen in mir,

wenn Nähe mich ins Wackeln bringt.

Ich merke, wenn mein Atem flach wird,

wenn ich mich schützen will.

Aber ich bleibe.


 

Ich bleibe bei mir,

Nicht immer sofort. 

Nicht immer leicht.

Nicht ohne Kraft.

Aber ich finde den Weg.


 

Ich bin achtsamer geworden

mit dem, was ich möchte.

Und ehrlicher mit dem, was ich geben kann.

Ich muss nicht immer alles können.

Ich darf zeigen, wenn ich zögere.

Und ich darf sprechen, wenn mich etwas berührt.


 

Mein innerer Kompass - 

zeigt nicht mehr auf Flucht oder Rückzug

sondern auf Verbindung. 

Und er zeigt mir nicht nur den Weg nach vorn –

er erzählt auch meine Geschichte.

Er trägt meine Erinnerungen.

Und er trägt Mitgefühl.


 

Für das, was war.

Für die, die ich war.

Für das, was nicht ging –

und für das, was heute geht.


 

Ich weiß, wie es sich anfühlt.

Zu kämpfen, dem Schmerz auszuweichen. 

Die Angst, das anzunehmen, 

was ist.

Ich kenne die Verzweiflung, 

wenn nichts mehr geht.

Und den Moment, 

in dem Hoffnung verschwindet.


 

Und ich kenne die Wärme. 

Die Wärme, 

die sich durch meinen Körper zieht:  

Ich darf.

Ich kann.

Weil es mein ist. 

Und diese Wärme wärmt alles.

Das Glück, die Zufriedenheit.

Die Hoffnung und die stille Sehnsucht.

Die Traurigkeit -  mit und ohne Tränen.

Die Einsamkeit oder die Verlassenheit.

Die Enttäuschung, die Kränkung.

Den Schmerz.

Denn alles ist mein.

Und alles bin ich.


 

Es geht nicht darum, was da ist –

sondern wie wir damit umgehen.

Ich werde nicht mehr ablehnen.

Nicht mich. Nicht das, was sich zeigt.

Nicht den anderen, wie er fühlt und wie er es zeigt.


 

Das ist Erfahrung, 

die Fleisch geworden ist.

Verankert. Verkörpert.

Vielleicht ein inneres Versprechen:

Ich bleibe.

Auch, wenn es wehtut.

Auch, wenn etwas in mir reagiert.

Auch, wenn alte Sätze laut werden.

Auch, wenn der Schmerz kommt.

Ich werde nicht weglaufen vor dem, 

was da ist.

Und ich werde mir verzeihen, 

wenn es nicht gelingen mag.


 

Ich sage es mit Vorsicht.

Ich sage es mit Demut,

dem verkörperten Wissen, was war und was ist.

Und ich sage es laut.

Für all die Momente, in denen es keinen Halt gab.

Für die Wahrnehmung, die genommen wurde.

Für die Gedanken, die falsch waren.

Für die Gefühle, die nicht sein durften.


 

Ich trage es in mir,

nicht als Perfektion - sondern als Orientierung.

Ich habe ihn,

meinen inneren Kompass,

der leise sagt:

Du bist auf dem Weg.

Und du wirst bleiben.


 

Bindungstrauma

Der Weg zurück zum eigenen Selbst: Von Schutzreaktionen zu Selbstverbundenheit

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