Bindungstrauma
Der Weg zurück zum eigenen Selbst:
Von Schutzreaktionen zu Selbstverbundenheit
Ich bleibe
Wenn Bindung uns verletzt hat,
hinterlässt sie Spuren –
nicht nur im Herzen,
sondern auch im Körper.
Was einst zu viel war, zu nah, zu unsicher, wird später oft gemieden:
Nähe, Offenheit, Gefühl.
Doch das geschieht nicht absichtslos – es ist Schutz.
Eine kluge Reaktion des Nervensystems auf das, was nicht gehalten wurde.
Viele Menschen,
die in frühen Beziehungen emotionale Unsicherheit oder Überforderung erlebt haben,
entwickeln fein abgestimmte Überlebensstrategien:
Sie funktionieren, reflektieren, erklären.
Sie halten aus, bleiben ruhig, gehen rechtzeitig.
Und verlieren dabei oft den Kontakt zum eigenen Inneren.
Doch was sie schützt, trennt sie zugleich von sich selbst.
Die Verbindung nach außen wird aufrechterhalten –
doch die Verbindung nach innen reißt ab.
Der Text „Mein innerer Kompass“ erzählt von der leisen Rückkehr zu dieser inneren Verbindung.
Er beschreibt den Moment, in dem etwas ins Wanken gerät –
weil Nähe plötzlich nicht mehr mit den alten Schutz gehalten werden kann.
Weil etwas Echtes berührt.
Und weil genau darin eine neue Bewegung beginnt.
Wo früher Unsicherheit und Beschämung die eigene Wahrheit verschlossen haben,
entsteht durch neue, feinfühlige Erfahrungen ein Korridor für Veränderung.
Für neue Bindung – zu anderen und zu sich selbst.
Aus der Überlebensstrategie kann Beziehung wachsen.
Der Satz „Ich bleibe“ ist dabei nicht nur ein Entschluss nach außen,
sondern vor allem ein inneres Versprechen:
Ich bleibe bei mir.
Auch wenn alte Stimmen laut werden.
Auch wenn Nähe schmerzt.
Auch wenn der Impuls zur Flucht kommt.
Diese Entscheidung kommt nicht nur aus dem Kopf –
sondern ist ein Ausdruck verkörperter Selbstverbundenheit:
ein Körper, der gelernt hat, dass er heute sicher ist.
Ein Nervensystem, das spürt: Ich darf fühlen, ohne dass es mich zerreißt.
Doch dieser Weg zurück zu einem eigenen Selbst braucht mehr als Erkenntnis –
er braucht Selbstannahme und Mitgefühl.
Nicht als Technik.
Nicht als Ideal.
Sondern als gelebte Erfahrung:
Sich nicht mehr gegen das zu wenden, was bereits da ist.
Die eigene Verletzlichkeit - die schmerzt.
Die eigenen Hilflosigkeit - die nach Halt sucht.
Selbstannahme bedeutet, sich nicht länger zu verurteilen -
für das, was lebendig im eigenen Körper ist - gesehen und gehört werden will.
Wenn das, was weh tut - nicht mehr als Bedrohung empfunden wird,
sondern als neue Form von Halt und Integration:
Das bin ich,
Und ich darf:
Ich darf mich sehen –
Ich darf mich fühlen –
Und ich darf mich lieben –
nicht trotz dieser Seiten, sondern mit ihnen.
Und Selbstmitgefühl bedeutet,
mir in genau diesen Momenten
eine Stimme zu schenken, die bleibt.
Die nicht urteilt.
Die nicht zwingt.
Die nur sagt:
Ich bin bei dir.
Ich bleibe.
Beides – Annahme und Mitgefühl – öffnen einen Raum,
in dem innere Sicherheit entstehen kann.
Nicht weil alles geheilt ist,
sondern weil nichts mehr versteckt werden muss.
Nicht, wenn alles gelingt.
Sondern wenn ich stehen bleibe,
auch wenn es nicht gelingt.
Wenn ich sage:
Ich sehe mich. Und ich bleibe.
Der Text ist ein Zeugnis eines inneren Weges:
nicht gerade, auf Umwegen und in Schleifen.
Unvollkommen. Unvollendet.
Vielleicht erinnert er an etwas Eigenes –
eine Bewegung, die kaum sichtbar ist,
ein Innehalten,
ein leises Spüren.