Zeugnis

Manchmal denke ich, ich bilde es mir ein.

Den inneren Kampf über all die Jahre.

Dass es so war.

Dass es weh tat.

Dass ich verletzt war.


 

Ich höre die Stimmen in mir:

„Du übertreibst.“

„Ist das nicht normal, so zu fühlen?“

„Du bildest es dir nur ein.“

„Du dramatisierst.“

„Du steigerst dich in etwas hinein.“


 

Manche kamen von außen –

aber am meisten höre ich sie in mir.

Verkörperte Sätze.

Im Widerspruch zu dem,

was ich eigentlich fühlte.


 

Und oft frage ich mich:

War das wirklich in mir?

Diese Traurigkeit, diese Leere,

dieser Schmerz?

Diese innere Zerrissenheit?


 

Oder entwickle ich im Schreiben etwas,

das nicht mein ist?

Spüre mich in Gefühle, 

drücke sie aus –

und bin mir nicht sicher,

ob sie wirklich mir gehören.


 

Ich schreibe fühlend.

Dann öffnet sich etwas.

Aber wenn ich dann lese,

was ich geschrieben habe,

zweifle ich.

Bin berührt –

aber auch verunsichert.


 

Und trotzdem,

so oft ich es anzweifle:

Ich erinnere mich.

Manchmal in meinem Körper.

Und manchmal mit inneren Bildern.


 

Und dann finde ich etwas.

In der Suche nach Antworten

vergangener Jahrzehnte.


 

Finde Texte. Fragmente.

Die ich nie geteilt.

Aber still abgespeichert an einem Ort,

der archiviert.

Worte aus einer Zeit,

in der ich mir selbst kaum begegnen konnte.

Zeilen, die wie Splitter einer inneren Wahrheit wirken:


 

Überwindung

Geschockt von der Zerrissenheit der Gedanken.

Die Leere im Kopf entfernt mich nicht von dieser Bedrängnis.

Ein Klotz hinkt an meinem Leib.

Die Leichtigkeit vernetzt sich mit einer steuerlosen Kraft.

Ein parasitärer Antrieb unbekannter Herkunft.

Ein Bündel von Ballast auf der Suche, befreit zu werden,

von der zähen Beklemmnis schwerlastiger Bemühungen.

Ein Streben ohne Rückgrat.

Es wird geflüchtet.

Ein Ausbruch ohne wirkliche Befreiung – zum Scheitern verurteilt.


 
 

Damals verstand ich nicht,

was da in mir sprach.

Ich fühlte mich erschöpft,

in einem ständigen Kampf.

In mir. Gegen mich.

Und suchte nach etwas,

das Sinn ergab.

Aber ich fand nur Scherben.


 

Monster

Vergessen im Sumpf der Traurigkeit

Die Fähigkeit des Glaubens verloren

Mensch sein im menschenlosen Nichts

Schwächelnder Kampf mit aussichtsloser Sicht

Gebündelte Leere wird zur Antriebskraft

kniend, bittend und stumm im Angesicht der Vergebung

Im Irgendwo des Begreifbaren erheben sich die Sinne einer Selbst

verworrener Gedanken.

Sehend sein mit der Macht des Richtens?

Verschnittene Moral begehrt das Zeichen der Objektivität.

Starrheit schreit nach Bitte – ersehnlichst die Wahrheit zu kennen.


 

Diese Worte –

sie erschrecken mich heute.

Nicht, weil sie falsch sind,

sondern weil sie mich daran erinnern,

wie fremd ich mir war.

Wie viel in mir war,

was keinen Weg fand –

aber eine Gestalt bekam.


 

Nach außen war es wenig sichtbar.

Denn da war wenig Verzweiflung.

Mein Außen war willig und stark.

Doch ich trug diese verborgene Welt in mir.


 

Doppeltes Spiel

Entfremdet gesteuert im eigenen Bildnis

Sich der Säuernis anzugleichen, obwohl dem Widerstreben gewollt

Die Anwesenheit verdammen

Die Worte nicht wahrzunehmen in verkrampfter Anstrengung

Hass ist zu stark und Liebe zu schwach

Das Verdorbene erschüttert

Ängste werden erhellt

Das wahre Ich vor Augen oder nicht – zerrissen im eigenen Verständnis

Berührungen werden Hiebe der Seele


 

Gedanken. Orientierungslos.

In stummen und schreienden inneren Ambivalenzen,

die da waren.

Und ich wusste nicht, was das war.

Habe es abgelehnt als einen Teil von mir.

Und Nähe bedeutete tiefer Schmerz.


 

Aber ich hatte Worte.

Und sie kamen –

nicht aus einem Kopf,

sondern aus einer Wunde.


 

Der Fluss der Träume

Einst führte ein Weg zum Horizont,

mein Gespür trug mich wie ein sanfter Flügel vom Wind.

Gleitend in der Schwebe näherte ich mich der Ewigkeit.

Vertrauen ist mein Begleiter,

Liebe meine Trage.

In der Ferne entsteht die Hoffnung, die ich suche.

Mir begegnet Wärme, die ich brauche.

Dies ist der Fluss der Träume.

Ein Märchen von Traurigkeit – zu Tränen rührend.

Meinen Tränen.

Der Fluss der Träume lebt nicht.

Eine Illusion der Träume.


 

Ich atme, während ich die Zeilen lese.

Fühle die Hoffnungslosigkeit durchzogen von Trauer.

Fühle mich - in einer vergangenen Zeit.


 

Und so sehe ich mich in einem inneren Bild.

Wie ich nachts am Schreibtisch saß,

in einem verqualmten Zimmer,

das Flimmern des Bildschirms vor mir.

Das Weinglas halbvoll,

die Finger tastend auf der Tastatur.

Und irgendetwas in mir wollte sich zeigen.

Wollte Worte finden

für das, wofür ich keine Sprache hatte.


 

Ich bin NICHTS

Ein leeres Blatt Papier.

Eine Illusion.

Es erdrückt mich mit seinen Worten.

Ich bin traurig und fühle mich leer.

Mein eigenes Leben ist mir fremd.

Mein Eigenbild verrottet.

Zermürbende Gedanken.


 

Ich schrieb.

Und was entstand, war dunkel.

Zerrissen.

Wuchtig.

Und doch: echt.


 

So zu fühlen.

So zu kämpfen.

Ich kannte es nicht anders.


 

Es war ein Ausdruck.

Ein Versuch, mich zu halten –

mit Worten.

Ein Abdruck meiner inneren Welt,

bevor ich sie verstehen konnte.


 

Heute weiß ich:

Ich habe mir nichts eingebildet.

Ich habe gefühlt –

ich habe geschrieben –

weil ich sonst verstummt wäre.

Und meine Worte sind geblieben.


 

Als Spur.

Als Abdruck.

Als Zeugnis.


 

Und so hilft es mir, mich zu erinnern:

Ich war nicht falsch.

Es war da.

Es war wahr.

Und ich bin hier.
 

Bindungstrauma: 
Emotionale Selbstanerkennung - Vom inneren Nebel zum inneren Boden

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