Bindungstrauma: Frühe Beziehungserfahrungen und ihre Narben –
wenn aus Fürsorge Selbstaufgabe wird
Ich wollte, dass du bleibst – also wurde ich zu dem, was du brauchst.
Fürsorge ist etwas Kostbares.
Sie entsteht dort, wo wir innerlich verbunden sind –
mit dem anderen und mit uns selbst.
Aber manchmal verlernen wir in frühen Beziehungen,
diese Verbindung zu halten.
Manchmal erfahren wir:
Nur wenn ich mich um andere kümmere,
werde ich gesehen.
Nur wenn ich stark bin,
bleibt jemand da.
Nur wenn ich keine Bedürfnisse habe,
werde ich geliebt.
Dann beginnt ein leises Umkippen:
Aus Fürsorge wird Funktion.
Aus Nähe wird Verantwortung.
Aus Zuwendung wird Selbstaufgabe.
Bindungstrauma zeigt sich oft nicht in äußeren Dramen,
sondern in einem feinen inneren Verschieben:
Ein Kind, das spürt, dass seine Gefühle zu viel sind,
lernt früh, die Gefühle der anderen zu halten.
Es wird zur Trösterin, zur Vermittlerin, zur Starken –
oft viel zu früh.
Diese innere Haltung wird später oft unbewusst weitergelebt:
In Beziehungen, in Freundschaften, im Alltag.
Wir kümmern uns. Wir hören zu. Wir tragen mit –
und verlieren uns dabei manchmal selbst.
Der Text Wie muss ich sein, damit du mich liebst? beschreibt diesen Moment der stillen Selbstaufgabe.
Nicht als Fehler.
Sondern als einst kluge Überlebensform.
Als Versuch, Bindung zu sichern – um jeden Preis.
Und doch ruft etwas:
Ein Wunsch nach Rückverbindung.
Ein innerer Ort, der sagt:
Ich darf auch fühlen.
Ich darf auch brauchen.
Ich darf bleiben –
ohne mich aufzugeben.
Und oft ist es nicht der Kopf, der sich erinnert –
sondern der Körper.
Er zieht sich zusammen,
wird müde, angespannt, leise.
Und zeigt – in Haltung, Gefühl oder Spannung –
wo einst Fürsorge zur Pflicht wurde.
Der Weg zurück beginnt nicht mit Widerstand,
sondern mit Mitgefühl für das eigene Überlebensmuster.
Mit dem Wissen:
Ich habe es getan,
weil ich gelernt habe,
dass ich sonst nicht geliebt werde.